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15.09.2022 |  

Der Urbarer "Antonius Brunnen" wird 200 Jahre alt – Teil 4


1910 - Zentrale Wasserversorgung löst den Brunnen ab


Doch auch vor einstmals modernen Errungenschaften macht der Fortschritt nicht halt. Als es technisch und finanziell möglich war, das Dorf auf eine zentrale Wasserversorgung umzurüsten, die alle Häuser direkt versorgte, entschied man sich 1910, in Urbar diesen mutigen Schritt zu gehen. Immerhin zählte das Dorf zu dieser Zeit bereits rund 380 Einwohner, die sich auf mittlerweile 75 Häuser verteilten. Wie sehr die Bewohner diesen Schritt begrüßten, zeigt auch der Umstand, dass die Grabungsarbeiten zur Verlegung der Wasserleitungen in Fronarbeit erfolgt sind – jede helfende Hand war gefragt. Die Schulchronik schreibt dazu:

Im Spätsommer des Jahres 1910 wurde, allgemeinem Wunsche entsprechend, mit der Anlegung einer neuen Wasserleitung begonnen. Man suchte Wasser und fand solches in genügender Menge an der "Tränk", wo das Wasser gefasst wurde. Die Leitung führt durch die "Langwies", wo sie mit der alten Leitung verbunden wurde und von da weiter bis zum Dorf. Mit frohem Herzen sahen die Bewohner die Vollendung des Werkes. Gegen Weihnachten desselben Jahres konnte die Leitung in Betrieb genommen werden. Das lästige Wassertragen mittels eines Joches hörte auf. Viel Zeit wurde gespart. Der Bau der Leitung war für 18.000 M. veranschlagt. Das Auswerfen der Leitungsgräben geschah durch die Bewohner des Dorfes. Angenehm waren die Arbeiten gerade nicht. Die Leute stießen auf vielen steinigen Grund. Dazu herrschte ein schlechtes Wetter. Der Regen goß manchmal in Strömen, so daß der ganze Boden aufgeweicht war und die Gräben nicht selten wieder einstürzten. Durch Bretterverschläge suchte man das Einstürzen zu verhindern.

Trotz der beschriebenen Widrigkeiten konnte die neue Wasserleitung noch 1910 in Betrieb genommen werden. Das war für die damaligen Dorfbewohner wahrlich ein echtes Weihnachtsgeschenk. Damit waren aber auch gleichzeitig die Tage des „Antonius-Brunnens“ gezählt, die Zuleitung wurde gekappt und der Brunnen seiner ursprünglichen Funktion beraubt. Dazu schreibt die Chronik: Somit hatte der alte Brunnen keine Berechtigung und keine Beachtung mehr. Den alten eichenen Trog schaffte man so schnell wie möglich fort, anstatt denselben als Altertümchen stehen zu lassen. Dasselbe Schicksal sollte auch dem fast 100-jährigen Brunnenstock zuteilwerden. Schon war die Genehmigung erteilt und der Abriß auf einen bestimmten Tag festgesetzt, da kam, dank einer Eingabe an das königl. Landratsamt, das Verbot des Abrisses. Der Brunnenstock wurde geradegestellt; nach einiger Zeit pflanzte man zu seinen Seiten Kastanienbäume.

Wie man diesem Beitrag aus der Schulchronik entnehmen kann, ist unser Brunnen also nur aufgrund des beherzten Eingreifens einiger Bewohner unserem Dorf erhalten geblieben. Das Foto links zeigt den Schuljahrgang 1935 am Tag ihrer Erstkommunion, wie die Knaben stolz vor dem Brunnen ihre Kommunionkerzen präsentieren ( vsl. 1943). Der Brunnen stand in dieser Form gute 4 Jahrzehnte als stummer Zeuge auf dem unbefestigten, lehmigen Backes-Vorplatz und hatte allenfalls noch den Zweck, den Kindern beim Versteckspielen eine willkommene Deckung zu bieten.

Thomas Muders



Weitere Informationen > Urbarer Blätter - Geschichte und Geschichten aus Urbar - Der Urbarer Antonius Brunnen wird 200 Jahre alt



Antoniusbrunnen